Radfahren mit Lipödem

Lisa Augustin
April 4, 2024

Mein Name ist Lisa, ich bin 30 Jahre jung und fahre seit 2016 mit meinen Lipödem-Beinen Fahrrad. Tatsächlich fährt das Lipödem bei mir schon immer mit. Doch ich weiß erst seit Anfang 2023 von meinem Mitfahrer.

In diesem Erfahrungsbericht möchte ich dir erzählen, wie mich das Lipödem beim Radfahren einschränkt und dir aber auch Mut machen und zeigen, was trotz Lipödem auf dem Fahrrad alles möglich ist.

Noch ein kleiner, aber wichtiger Hinweis vorab: Jeder Körper ist anders. Vergleich dich nicht mit meinem Lipödem und mir. Mach das, was dein Körper schafft. Gehe gerne an deine Grenzen, aber wenn es nicht geht, dann geht's eben nicht.

Wie ich zum Radfahren gekommen bin.

Vor rund 10 Jahren habe ich durch eine Ernährungsumstellung (Slow Carb, ohne Zucker) über 10 Kilo abgenommen. Durch den gesünderen Lebensstil habe ich mich auch wieder mehr mit Sport beschäftigt. Vom Fitnessstudio kam ich dann irgendwann auf's Fahrrad, wo ich auch heute noch hängen geblieben bin. Da ich seit meiner Jugend Arthrose im rechten Knie habe, hatte ich ohnehin nicht so viel Auswahl an Sport.

Was mir damals schon auffiel: Ich hatte nicht dieselben schlanken Beine, wie andere Radfahrerinnen. Oben passten mir Trikots in Größe 34/36 - unten war ich schon bei 38/40.

Egal, wie viel ich trainierte, meine Beine wurden nicht weniger.

Und trotzdem fuhr ich immer fleißig weiter, denn ich hatte Spaß daran gefunden und mir immer wieder neue Ziele gesteckt. So fuhr ich dann auch bei den ersten regionalen Mountainbike-Marathons auf's Treppchen. Ich war stolz wie bolle, wenn ich gestandene Männer am Berg überholte oder neben den sportlichen Radlerinnen auf dem Podest stand.

Auf meinem Blog LisasBunteWelt schrieb ich zu der Zeit auch immer mehr übers Radfahren. Ich begann, Tipps für Anfänger zu veröffentlichen und aber auch über Fahrradabenteuer zu berichten. Es lief ganz gut...

Die ersten Rückschläge durch Lipödem

Und eines Tages bekam ich einen Kommentar auf meinem Blog, welcher mich richtig traurig machte: "So wie deine Beine aussehen, fährst du kein Fahrrad".

Mir war bewusst, dass ich nicht die dünnen Beine anderer Radfahrerinnen hatte. Und bis zu diesem Zeitpunkt konnte ich auch gut darüber hinwegsehen. Aber der Kommentar machte etwas mit mir.

Dazu kam noch, dass ich jedes Mal, wenn ich vom Fahrrad gefallen bin, aussah, als wäre ich verprügelt worden. Das klingt jetzt so, als ob mir das regelmäßig passieren würde. So ist das natürlich nicht. In meinem ganzen Leben hatte ich erst zwei ernsthafte Fahrradunfälle. Die anderen Male waren nicht der Rede wert: Ein paar Mal nicht rechtzeitig aus dem Klickpedal gekommen oder im Matsch weggerutscht. Das passiert anderen auch - aber denen sieht man es danach nicht an. Und wenn beim Mountainbiken mal wieder der Sattel gegen den Innenschenkel schlug, hatte ich auch direkt wieder blaue Flecken.

Einmal hatte mich sogar mein Frauenarzt auf meine blauen Flecken angesprochen. Er fragte, ob ich Hilfe brauche.

Größere Hosen und weniger Kraft

Jahr für Jahr vergrößerte sich nicht nur meine Fahrradsammlung, sondern auch meine Hosengröße. Die Radhose wurde vor allem um den Oberschenkel immer enger. Und ich merkte auch, dass ich am Berg immer schlechter wurde. Anfangs war ich noch eine richtige Bergziege. Mit der Zeit fehlte mir aber immer mehr die Kraft. Und auch in anderen Situationen, wie zum Beispiel beim Gang in den Keller zur Waschmaschine, ging mir schnell die Kraft in den Beinen aus.

Die Diagnose Lipödem

Die Diagnose Lipödem war für mich fast schon ein Segen, denn ich konnte endlich meinen Körper besser verstehen. Nach der ersten Ferndiagnose über Lipocheck holte ich mir Sportkompressionssocken für Läufer. Mit denen fühlte sich das Radfahren am Berg auch wieder etwas leichter an.

Zwei weitere Diagnosen von örtlichen Phlebologen, später bekam ich auch Flachstrickkompression verschrieben. Der erste Phlebologe diagnostizierte Stadium II, die zweite Phlebologin Stadium I.

Ich muss ehrlich sagen, dass sich durch die Diagnose Lipödem nicht viel anders gemacht habe beim Radfahren. Ich bin einfach weiter gefahren - so wie immer.

Nur bei besonders anspruchsvollen Touren habe ich die langen Kompressionssocken zusätzlich getragen. Damit ging es meistens ganz gut. Einmal sind mir damit auch die Füße eingeschlafen - dann habe ich sie halt wieder ausgezogen.

Aber ich habe mir von dieser Diagnose nicht den Spaß auf dem Fahrrad verderben lassen. Im Gegenteil: Ich wollte zeigen, dass das Radfahren auch trotz Lipödem geht.

So habe ich im Sommer 2023 noch eine 4-tägige 6000-Höhenmeter-Tour in den Alpen mit dem Fahrrad (ohne Motor) gemacht. Es war hart, aber hat funktioniert.

Radfahren mit Kompression

Uns Betroffenen wird von vielen Seiten geraten, regelmäßig die angepasste Kompressionsversorgung zu tragen. Besonders beim Sport soll diese wichtig sein, um das Lymphsystem, die Venen und Muskeln zu unterstützen.

Ich muss ehrlich zugeben, dass die Flachstrickkompression mich beim Radfahren einschränkt. Gerade bei längeren Touren zeigt sich, dass die Flachstrickkompression eben keine Radhose ist. Da ich ein reines Lipödem habe und meine Venen gut funktionieren, hatte ich auch nie Probleme mit Wassereinlagerungen nach dem Radfahren.

Daher ziehe ich mich beim Radfahren so an, wie ich mich wohlfühle: Ohne Flachstrickkompression und mit normalen Radklamotten. Ich achte lediglich darauf, dass der Bund an den Oberschenkeln bei der Radhose nicht zu eng ist.

Ich kenne aber auch Frauen, die nur mit Kompression fahren - und das ist auch in Ordnung so. Jede so, wie sie sich wohlfühlt.

Falls du mit Flachstrickkompression fährst, dann empfehle ich dir eine Fahrradunterhose mit Polster darunter. Denn wenn du nur die Kompressionsversorgung trägst, dann kann es zu Druckstellen, Wundreiben und Sitzschmerzen beim Radfahren kommen.

Radfahren mit Kompression
Radfahren nach der Liposuktion

Anfang 2024 hatte ich 3 Liposuktion innerhalb von 3 Monaten. Nach meiner Diagnose war für mich relativ schnell klar, dass ich mich operieren lassen möchte. Die Einschränkungen im Alltag und beim Sport waren mir einfach zu viel. Als mein Arzt Dr. Rapprich vor der OP meinte, dass ich bald schon wieder auf dem Fahrrad sitzen würde, habe ich ihm nicht ganz geglaubt. Ich dachte, ich würde 4 Monate lang nicht auf dem Rad sitzen können.

Aber er behielt Recht. 2-3 Wochen nach jeder OP saß ich schon wieder auf dem Fahrrad. Die erste Zeit allerdings immer mit Flachstrickkompression. Außerdem vermied ich das Gelände und fuhr eher einfache, glatte Strecken, weil zu viele Unebenheiten schmerzten. Meistens war ich mit dem Rennrad auf der Straße oder dem Gravelbike auf weichen Waldwegen unterwegs. Mit dem Mountainbike auf Trails ging es erst wieder einige Wochen nach der OP.

Ich finde, das Fahrrad ist ein super Sportgerät für Lipödem-Patientinnen, da es sehr gelenkschonend ist und jeder seine eigene Geschwindigkeit fahren kann. Gerade wenn man in einem höheren Stadium ist und körperlich etwas eingeschränkter ist, kann man sich auch noch durch einen Motor Unterstützung holen.

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