Schon 2005, also vor fast 20 Jahren, wurde die erste Leitlinie zum Lipödem im AWMF-Register unter der Nummer 037/012 geführt. Die letzte Version von 2015 wurde dieses Jahr überarbeitet und wird in Kürze veröffentlicht.
Die wesentlichen Neuerungen betreffen folgende Punkte:
- Bezeichnung Lipödem: Das Krankheitsbild wird weiterhin als Lipödem bezeichnet, obwohl sich Experten einig sind, dass es nicht der ideale Begriff ist. Die Bezeichnung ist aber im Sprachgebrauch und in der ICD-Codierung inzwischen so fest verankert, dass eine Umbenennung nur zur Verwirrung führen würde.
- Bezeichnung Lipohypertrophie: Als Lipohypertrophie wird krankhaft vermehrtes Fettgewebe an den Extremitäten OHNE Schmerzen bezeichnet. Die Lipohypertrophie kann eine Vorstufe zum Lipödem sein.
- Stadieneinteilung: Die bisherige Stadieneinteilung soll nicht als Maß für die Schwere der Krankheit verwendet werden, da sie sich nur an den Veränderungen der Körpersilhouette orientiert und nicht an den Beschwerden wie vor allem der Schmerz. Eine Stadieneinteilung für die Beschwerden existiert bisher nicht. Das ist ein Auftrag an die Forschung.
- BMI: Der BMI soll nicht mehr alleine zur Abgrenzung zwischen Lipödem und Adipositas verwendet werden. Es wird die Verwendung des Bauchumfang-Größen-Quotienten (BGQ) bzw. die Waist to Height Ratio (WHtR) sowie der Lipohypertrophie-Quotient nach Herpertz empfohlen.
- Therapie von Übergewicht und Adipositas: Die Therapie von Übergewicht und Adipositas soll in das Gesamtkonzept der Therapie des Lipödems einbezogen werden, da beide zur Progredienz der Extremitätenvolumina und zur Verschlechterung des Krankheitsbildes führen können.
- Konservative Behandlung: Die Behandlungsmöglichkeit mittels Kompression und manueller Lymphdrainage ist im Heil- und Hilfsmittelkatalog festgeschrieben. Das heißt, bei entsprechender Indikation und Verordnung durch einen Arzt besteht ein gesetzlicher Anspruch.
- Kompressionsversorgung: Im Stadium I kann durchaus eine Rundstrick-Versorgung verordnet werden. Wenn diese aber einschnürt, dann muss flachgestrickt versorgt werden und dann gibt es dafür auch eine plausible Begründung – eben diese Einschnürungen, sprich die Rundstrick-Versorgung kann nicht funktionieren und ist nicht zielführend.
- Operative Therapie: Die operative Therapie mittels Liposuktion wird für alle Stadien empfohlen. Zugelassen ist die PAL- oder WAL-Methode. Die Durchführung des Eingriffs kann in Tumeszenz-Lokalanästhesie (TLA) oder Allgemeinanästhesie erfolgen. Die Zahl der Sitzungen sollte für die Beine sollen nicht mehr als 4 und für die Arme höchstens 2 Sitzungen. Dabei darf die abgesaugte Menge maximal 10 Prozent des Körpergewichtes betragen.
- Selbstmanagement: Besonderer Wert wird auf das Selbstmanagement gelegt. Es ist die Basis für die Umsetzung eines umfassenden Behandlungskonzeptes, das 6 Säulen umfasst: Ernährung – Sport – Kompression – Lymphdrainage – Liposuktion – psychische Unterstützung.
- Selbsthilfegruppen: Der Austausch mit anderen Betroffenen in Selbsthilfegruppen kann dabei eine wertvolle Unterstützung bieten und den emotionalen Umgang mit der Erkrankung erleichtern
Einen praktischen Leitfaden zur Lipödem-Leitlinie bietet auch die LipoCheck App.