Bei mir wurde ein Lipödem diagnostiziert. Muss ich jetzt mein Leben lang Kompressionsstrümpfe tragen?
Unabhängig vom Stadium ist eine Kompressionstherapie nur aus zwei Gründen sinnvoll:
- Es bilden sich nachweislich Ödeme (Wassereinlagerungen) an den Unterschenkeln. Man erkennt es, wenn nach Daumendruck eine Delle bleibt (“Dellbarkeit”).
- Sie hilft gegen die Schmerzen. Das ist nicht immer der Fall. Es kommt hier auf einen Therapieversuch an.
In frühen Stadien der Erkrankung und bei jungen Patientinnen treten Ödeme noch nicht oder nur unter besonderen Bedingungen auf, wie zum Beispiel langes Sitzen und warme Temperaturen. In fortgeschritteneren Stadien treten sie regelmäßig im Tagesverlauf auf und bilden sich aber über Nacht wieder zurück. Bei gleichzeitig bestehendem Übergewicht trägt auch dieses zur Ödem Bildung in den Beinen bei, es liegt dann nicht alleine am Lipödem. Daher ist die Gewichtsreduktion eine wichtige Maßnahme zur Ödem Therapie.
Die Kompressionstherapie kann sich auf die Körperregionen beschränken, die tatsächlich vom Ödem betroffen sind. Das sind meist die Unterschenkel und es sind daher Kompressions-Kniestrümpfe zunächst ausreichend. Wenn an Tagen mit viel Bewegung keine Ödeme zu erwarten sind, müssen die Kompressionsstrümpfe auch nicht getragen werden.
Die Kompressionsversorgung kann im Sanitätshaus direkt angepasst werden. Eine vorherige Entstauungsbehandlung mit Bandagierung, wie sie beim Lymphödem praktiziert wird, ist nicht erforderlich, da beim Lipödem keine Verminderung des Umfanges zu erwarten ist – Fettgewebe lässt sich eben nicht wegkomprimieren oder wegmassieren.
Im Stadium I kann die Kompressionsversorgung mit rundgestrickter Ware erfolgen, da die Umfänge noch nicht so extrem unterschiedlich sind wie im Stadium II oder III. In den höheren Stadien oder wenn es bei Rundstrick-Versorgung zu Einschnürungen kommt, muss flachgestrickt nach Maß versorgt werden.
Grundsätzlich sollten die Kompressionsstrümpfe die Kompressionsklasse 2 (CCL2) haben. Bei leichteren Formen, früheren Stadien oder nach einer Liposuktion kann auch die Kompressionsklasse 1 (CCL1) ausreichend sein.
Eine zusätzliche manuelle Lymphdrainage ist nur erforderlich, wenn sich durch die Kompression alleine das Ödem nicht verhindern lässt. Statt manueller Lymphdrainage sollte man vorab Sport im Wasser versuchen, wie z.B. Aquajogging oder Aquacycling. Das hat den gleichen Effekt wie eine Lymphdrainage und verbrennt zusätzlich noch Kalorien und hilft so beim Abnehmen.
Nach einer Liposuktion ist in den meisten Fällen keine Kompression mehr erforderlich, oder nur in geringerer Intensität. Das hängt allerdings vom Stadium, Alter und Gewicht der Patientin ab.
Grundsätzlich sollte eine Ödem Bildung so gut wie möglich verhindert werden. Bleibt ein Ödem nämlich länger bestehen, dann wird es chronisch. Das heißt das Gewebe wandelt sich um und die Durchblutungssituation verschlechtert sich. Kleine Verletzungen heilen dann schlecht und es können Geschwüre entstehen – das “offene Bein” oder Ulcus cruris in der Fachsprache.